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(nur Bürgerbüro)

Zeitzeuge Herbert Ritz aus Engelhelms

Herbert Ritz wohnt seit 1968 in Engelhelms. Er hat damals neu gebaut – oben am Berg in der Magnus-Hartmann-Straße.

 

Wie haben Sie die Veränderungen aus Sicht eines Bürgers erlebt?

Wir haben oberhalb vom Sportplatz gebaut. Die heutige Magnus-Hartmann-Straße hieß vor der Gebietsreform noch `Am Eich´. Unser Haus lag sehr hoch. Wenn es damals schneite, dann stand kein Unimog oder ähnliches für den Winterdienst zur Verfügung. Die Schneeräumung wurde von Landwirten mit ihren Traktoren durchgeführt. Allerdings waren die Traktoren nicht so groß. Heute sind das alles riesige Zugmaschinen mit zu- und abschaltbar Allrad. Wenn es damals viel und stark geschneit hatte, war ich froh, wenn ich nach der Arbeit gerade noch den unteren Parkplatz erreichen konnte. Hoch kam ich mit dem Auto dann nicht mehr. Ich habe meine dienstlichen Unterlagen unter den Arm genommen und bin den Berg hochgelaufen. Ich habe dann den ganzen Abend am Fenster geschaut, ob der Schneeschieber - also der Traktor - noch kommt. Wenn nicht, lief ich morgens mit allen Unterlagen wieder nach unten zum Auto.

Ich habe dann mal einen Mitarbeiter von der Gemeinde gefragt, ob man nicht zuerst die Straßen oben am Berg vom Schnee befreien könnte und nicht erst unten im Ort. Ich bekam zur Antwort `Dann wollen wir nur hoffen, dass der Winter bald vorüber ist´. So schlau war ich dann auch.

 

Ab 15 Uhr waren keine Kinder mehr auf der Straße

Es gab damals in Engelhelms zwei Neubaugebiete. Am Riedrain und bei uns ´Am Eich´. Sie entstanden in 1966 bis 1968. Irgendwann hatte jeder Haushalt eine Waschmaschine. Samstags war der obligatorische Bade-, Putz- und Waschtag. Unten im Dorf wurde immer mehr gebaut. Es wurden neue Bauplätze ausgewiesen und auch die zwei Hochhäuser wurden gebaut. Irgendwann war es dann soweit und wir hatten samstags ab 16 Uhr kein Wasser mehr am Berg. Da konnten sie am Knopf drehen, so viel sie wollten – da kam nichts. Die Infrastruktur war nicht mitgewachsen. Das hat sich dann schnell rumgesprochen. Die Kinder mussten also vorher gebadet werden. Ab 15 Uhr hat man bei uns kein Kind mehr auf der Straße gesehen. Da war Ruhe. Aber das Badewasser wurde nicht abgelassen, es gab ja auch noch eine Toilette und damals gab es noch keine Spülkästen, sondern nur Druckschalter. Da war dann auch Luft drin.

 

Die Glühlampe wurde wieder heller und wir konnten Fernsehen schauen

Das gleiche war mit dem Strom. Wir waren am Ende der elektrischen Leitung. Abends, auch werktags abends, schon um 20 Uhr, liefen überall die Waschmaschinen, es wurde gekocht und so weiter. Wenn man dann die Nachrichten schauen wollte, gab es nur ein schwarzes Bild. Es hat eine Zeit lang gedauert und der Strom wurde wieder stärker. Das hat man an der Glühlampe gesehen. Sie wurde heller. Dann konnten wir auch wieder Fernsehen schauen. Ich kann eins sagen: Unsere Kinder sind nicht fernsehgeschädigt. Aber auch hier war die Infrastruktur nicht mitgewachsen.

 

Erschrocken, als um 6 Uhr morgens die Straßen vom Schnee geräumt wurden

Dann kam die Gebietsreform und das Überlandwerk baute bei uns einen großen Mast mit Verstärker und plötzlich hatten wir Strom. Es wurde eine zusätzliche Leitung über den Florenberg nach Engelhelms gelegt. Wir hatten plötzlich Wasser. Es war auf einmal alles da und dann kam der Winter 1972/73. Wir waren erschrocken als um 6 Uhr morgens ein Fahrzeug mit gelben Licht durch die Straßen fuhr und diese frei geräumt hat. Und wenn heutzutage ein Schneeschieber bei uns morgens um 6 Uhr durch die Straße fährt, muss ich noch immer an damals denken.

 

´Fassen Sie sich kurz´ gehört der Vergangenheit an

Die Gebietsreform hat damals noch viele weitere Vorteile gebracht. Wenn man eine Mauer oder eine Garage bauen wollte, setzte man sich ins Auto, fuhr zum Bauamt ins Rathaus und konnte sich erkundigen, was zulässig ist und wie es vonstattengeht. „Kurze Wege, kleine Schritte“. Vorher lief das alles über das Landratsamt. Hierfür brauchte man einen Termin. Handys gab es nicht. Ein Telefon hatte nach Antragsstellung eine Lieferzeit von 2 bis 3 Jahren. Also ging man in die Ortsmitte zur Telefonzelle. Da standen aber meist schon viele Leute an. Über der Telefonzelle war ein Schriftzug: „Fasse Dich kurz.“ Wenn man telefonierte, klopfte dann meist schon der nächste an die Scheibe und drängelte. Als wir später alle ein Telefon hatten, war der Schriftzug plötzlich weg und es stand dort: „Ruf doch mal an.“

So haben sich die Zeiten geändert.